Bessere Arbeitszeitregelungen, längere Ruhezeiten sowie neue und höhere Zuschläge bei Wochenendarbeit. Der Schauspiel- Tarifvertrag bekommt neue Regelungen zum Schutz bei DrehtagsReduzierungen. Laufzeit von September 2021 bis August 2023.
Nach fünfmonatigen Verhandlungen gibt es einen Tarifabschluss für die rund 25.000 Filmschaffenden in Deutschland, der ab September gelten wird. Die ver.di FilmUnion erreichte gemeinsam mit der Schauspielgewerkschaft BFFS in Verhandlungen mit der Produzentenallianz Verbesserungen bei Arbeitszeiten, Freizeitphasen während der Dreharbeiten, Zuschlägen am Wochenende und bessere Rahmenbedingungen für Arbeitsverträge von Schauspielerinnen und Schauspielern. Zudem wurde vereinbart, ab September bis spätestens Ende des Jahres 2021 abschließend über die Erhöhung der Gagen zu verhandeln. Die Tarifvereinbarung zu den nun erreichten Fortschritten hat eine Laufzeit bis Ende August 2023.
Die Schwerpunkte der Tarifverhandlungen wurden im Sommer 2020 bei Umfragen unter Filmschaffenden im Vorfeld der Tarifrunde ermittelt. Dabei waren mehr und verlässlichere Ruhezeiten von stärkerer Bedeutung als die Anhebung tariflichen Mindestgagen. Der ver.di-Tarifausschuss hat dementsprechend die Tarifverhandlungen geführt und zu dem am 30. April abschließend verhandelten Tarifergebnis nun auch zugestimmt.
„Die Verhandlungen haben sich für Filmschaffende gelohnt, auch wenn die Verhandlung zur Gagenerhöhung auf den Herbst vertagt ist“, erklärte der ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel. „Wir haben deutliche Fortschritte erreicht, was eine Reduzierung des Arbeits- und Zeitdrucks, mehr zusammenhängende Ruhetage, längere Ruhezeiten nach Nachtdrehs ins Wochenende und höhere Zuschläge zum Schutz des Wochenendes angeht.“
Der neue Tarifabschluss sieht ab September vor:
- Mindestens zweimal je Monat müssen zwei zusammenhängende Ruhetage und bei längeren Produktionen mit mehr als 40 Tagen Drehzeit ab dem zweiten Monat dreimal zwei zusammenhängende Ruhetage gewährt werden. Bei Pre- und Postproduction gilt das entsprechend, wenn die Produktion solche Arbeitszeiten anweist und gegen diese Regelungen verstoßen sollten.
- Nach einem Nachtdreh ins Wochenende muss sich mindestens zweimal je Monat nach Drehtagsende eine Ruhezeit von 48 und weiteren elf Stunden anschließen.
- Bei Arbeit am Wochenende gilt ein genereller Zuschlag von 25 Prozent, auch beim sogenannten versetzten Dreh. In der bestehenden Regelung zum Sonntagszuschlag wird dieser von 50 auf 75 Prozent angehoben.
- Zur Klärung von strittigen Auslegungen des Tarifbestimmungen, insbesondere zur Anwendung der Ausnahmesituationen bei der Höchstarbeitszeit, wird eine paritätisch besetzte Clearingstelle gegründet, die von jeder Tarifpartei angerufen werden kann. Für ver.di-Mitglieder sind fünf Gewerkschaftssekretär*innen der Kontakt für solche Fälle.
- Mit dem Tarifabschluss wird die Anerkennung der Auflagen aus grünen Drehanforderungen vereinbart. Die von Filmförderungen und Auftraggebern von Filmproduktionen gegebenenfalls aufgestellten Anforderungen zum nachhaltigen grünen Produzieren von Filmen (z.B. Grüner Filmpass, Grüner Drehpass, Zertifikat Grünes Drehen oder ähnliches) stellen eine maßgebliche Grundlage für die Durchführung der jeweiligen Filmproduktionen dar.
- Im Manteltarifvertrag wurden arbeitsrechtliche Klarstellungen vorgenommen, etwa zur verbindlichen Abgeltung von Urlaub als zusätzliche Tage der Vertragszeit nach dem Produktionsende oder dass Ruhezeiten von elf Stunden zwischen zwei Arbeitstagen unabhängig von mglw. schlechteren gesetzlichen Regelungen gelten.
Im Schauspieltarifvertrag gibt es zwei wesentliche Neuerungen:
- Werden für Schauspieler*innen künftig in Vereinbarungen Angaben zur verbindlichen Drehtagsanzahl offengelassen, beispielsweise durch Formulierungen wie „voraussichtliche Drehtage: 20“ sind in jedem Fall 50 Prozent der voraussichtlichen Drehtage plus ein Drehtag zu vergüten, unabhängig davon, ob sie tatsächlich anfallen oder nicht. Durch ein sogenanntes flexibles Fristenmodell kommen gegebenenfalls weitere gestaffelte Zahlungen hinzu, je nachdem wie kurzfristig der Filmhersteller sich auf eine reduzierte Anzahl der Drehtage festlegt.
- Darüber hinaus erfasst der Schauspieltarifvertrag erstmals auch von Schauspieler*innen neben der eigentlichen Arbeit vor der Kamera zu erbringende weitere Leistungen, die sogenannten Zusatz-, Vor- und Nachbereitungsdienste. Damit wird tarifrechtlich klargestellt, dass die Gage je Drehtag auch diese Dienste vergütet. Mit dem Wegfall oder der Absage von Drehtagen entfällt auch hier der Vergütungsanspruch nicht.
Kein Ergebnis des Tarifabschlusses, aber eine weitergehende Verhandlungsvereinbarung ist, dass die Tarifparteien zu urhebervertragsrechtlichen Kollektiv-Vereinbarungen für Fernseh-Auftragsproduktionen Gespräche aufnehmen. Damit soll eine ähnliche Regelung erreicht werden, wie sie bereits für Kinoproduktionen seit 2014 gilt.
Die ver.di FilmUnion wird die Filmschaffenden in Online-Veranstaltungen über den neuen Tarifvertrag informieren, da es nach der Einführung von Zeitkonten 2006 und der Begrenzung von Tageshöchstarbeitszeiten auf zwölf Stunden 2018 nun den nächsten Schritt zu grundlegenden Veränderungen der Arbeitszeiten gibt.
Die Termine werden auf dieser Website und weiteren Kanäle bekannt gegeben.